Arbeitsrecht 2.0 – 10 Urteile aus der digitalen Arbeitswelt die Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennen sollten
- von Roland Müller-Plesse
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- 09 Jan., 2017
Die Anforderungen an die digitale Arbeitswelt stellen auch das Arbeitsrecht vor immer neue Herausforderungen. Dies nehmen wir zum Anlass, Ihnen in einer 10- teiligen Artikelserie anhand aktueller arbeitsgerichtlicher Entscheidungen die Auswirkungen der digitalen Entwicklung auf das Arbeitsleben zu verdeutlichen.Die Anforderungen an die digitale Arbeitswelt stellen auch das Arbeitsrecht vor immer neue Herausforderungen. Dies nehmen wir zum Anlass, Ihnen in einer 10- teiligen Artikelserie anhand aktueller arbeitsgerichtlicher Entscheidungen die Auswirkungen der digitalen Entwicklung auf das Arbeitsleben zu verdeutlichen.

Teil 1: Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz – Auswertung des Browserverlaufs auch ohne Einverständnis des Arbeitnehmers zulässig
Der erste Teil der Serie beschäftigt sich mit einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.01.2016, Az. 5 Sa 657/15). Es verdeutlicht, dass private Internetnutzung am Arbeitsplatz sogar zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung führen kann. Im Wesentlichen ging es hierbei um die Frage, ob der Arbeitgeber den Browserverlauf am PC seines Mitarbeiters ungefragt auslesen / kontrollieren darf.
Das war passiert:
Dem Arbeitnehmer stand als Konstrukteur für elektrotechnische Anlagen ein eigener Dienstrechner zur Verfügung. Der Arbeitgeber hatte die private Internetnutzung nur in Ausnahmefällen innerhalb der Arbeitspausen gestattet.
Nachdem er Hinweise auf eine exzessive Privatnutzung des Dienstrechners erhalten hatte, wertete der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers den Browserverlauf aus. Diese Auswertung zeigte, dass der Arbeitnehmer innerhalb eines Monats über 40 Stunden privat während der Arbeitszeit im Internet gesurft hatte. Die besuchten Internetseiten waren insbesondere soziale Netzwerke, private E-Mail-Anbieter, elektronische Warenhäuser aber auch Partnerbörsen und Online-Sex-Foren. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos. Hiergegen wendete sich der Arbeitnehmer mit seiner Klage vor dem Arbeitsgericht.
So urteilte das Gericht:
Nach Ansicht des Gerichts war die fristlose Kündigung wirksam. Die unerlaubte exzessive private Internetnutzung rechtfertige die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zum Nachweis der privaten Internetnutzung dürfe der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers die Chronik der vom Arbeitnehmer aufgerufenen Internetseiten auf dem Dienstrechner auswerten und die Ergebnisse verwenden. Die gewonnenen Daten unterlägen auch keinem Beweisverwertungsverbot, da insbesondere kein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz vorliege. Dieses erlaube vielmehr die Speicherung und Auswertung von Verlaufsdaten in der Chronik eines Internetbrowsers zu Zwecken der Missbrauchskontrolle.
Unsere Bewertung:
Die private Internetnutzung am Arbeitsplatz ist ein aktueller “Dauerbrenner“ vor den Arbeitsgerichten. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, wird das Bundesarbeitsgericht hinsichtlich der spannenden Frage, ob der Arbeitgeber ungefragt den Browserverlauf des Mitarbeiterdienstrechners auswerten darf, hoffentlich bald Klarheit schaffen.
Wichtig für Arbeitnehmer:
Da die Frage der Zulässigkeit der Auswertung des Browserverlaufs ohne Einverständnis des Arbeitnehmers noch nicht abschließend geklärt ist, sollten Arbeitnehmer am Dienstrechner auf den Besuch von Facebook, Twitter & Co. verzichten. Surft der Arbeitnehmer trotz Verbotes im Internet, bedeutet dies, dass er in dieser Zeit nicht arbeitet und schlimmstenfalls - auch bei langer Beschäftigungsdauer - eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetruges riskiert. Nach derzeitiger Rechtslage braucht der Arbeitgeber für den Beweis durch Auswertung des Browserverlaufs nicht die Zustimmung des Arbeitnehmers.
Wichtig für Arbeitgeber:
Als Arbeitgeber sollten Sie Ihren Mitarbeitern die private Nutzung des Internets insgesamt untersagen. Bei exzessiver Internetnutzung trotz Verbotes ist nach derzeitiger Rechtslage eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses vielfach möglich. Im Übrigen ist zu beachten, dass eine private Nutzung des Dienst-Rechners für den Arbeitgeber weitere Probleme in sich birgt – etwa dann, wenn der Arbeitnehmer vom Dienstrechner aus Tauschbörsen/filesharing-Plattformen nutzt. Hierfür hat schlimmstenfalls auch der Arbeitgeber als Anschlussinhaber einzustehen. Dies gilt es zu vermeiden.